Die Berliner Optiktage

Vergiß in keinem Falle,
auch dann nicht, wenn vieles mißlingt: Die Gescheiten werden nicht alle
(so unwahrscheinlich das klingt)...
Kurt Tucholsky

Legende und Wirklichkeit der Wendezeit


Die DDR war von heute auf morgen vorbei und irgendwie galt es, die neu gewonnene Freiheit zu erschliessen, für sich selbst, für andere und mit anderen. Beschlossen und für gut befunden hatte eine kleine Anzahl von Aktiven der damaligen Akademie. der Wissenschaften der DDR aus verschiedenen Instituten und Bereichen, eine wissenschaftliche Veranstaltung mit Präsentation durchzuführen, um zum beiderseitigen Verständnis und Kennenlernen beizutragen. Es war die Zeit des Aufbruchs, der Begeisterung und vieler Unwägbarkeiten, wo man noch und dann schon wieder den "alten" Trabbi fuhr, ...bis er uns irgendwann, am Ende der Wende aus der eigenen Geschichte und ihren Geschichten fährt, wo sie uns mit dem Abstand und in der Verklärung immer vertrauter erscheinen. Hier wird diese Geschichte enden und immer wieder versuchen, nicht nur der Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart und Zukunft nachzugehen. Wir bitten auch um Meinungen, Kritik und Beiträge, auch Fotos, wenn noch vorhanden (z. B. ein Foto der alten Mauern um die Kasernen des Stasi-Bataillons an der Rudower Chaussee usw.).
Die bereits im Jahre 1989 geplante kleine Messe mit wissenschaftlichem Programm sollte eine Brücke bauen zwischen dem, was damals unter Ost und West verstanden wurde. Das erste, gedachte Logo enthielt noch die Lupe, die man schon als als archäologische Ausgrabung bei den alten Assyrern gefunden hatte, als tragendes Symbol.... Doch...wider Erwarten kamen im September 1990 viele der großen und erfolgreichen Laser- und Optik-Unternehmen zu den von unseren Fach-Teams (Techniker, Informatiker, Physiker) initiierten Berliner Optiktagen (Bilder,Dokumente,Geschichten) am alten Standort Adlershof der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR, der als zukünftiges Wissenschafts- und Wirtschaftszentrum erhebliche Investitionen erwarten ließ und Zukunftsperspektiven für Berlin insgesamt eröffnen sollte. Das Konzept der Fachkolloquien zu speziellen interdisziplinären Themen in Verbindung mit Firmen- und Posterpräsentationen (Kolloquien "theoria cum praxi": Neue Geräte und Methoden) fand immer eine große Zahl von Interessenten. Die erste Veranstaltung bereiteten die Mitarbeiter der verschiedenen Institute, insbesondere des Zentralinstituts für Optik und Spektroskopie mit Unterstützung und unter Mitwirkung der Technischen Universität Berlin vor. Die feinoptische Firma Reichmann, die von einer couragierten Frau geleitet wird, überreichte ein Extra-Dankeschön mit einem Blumenstrauss.
Zeitgleich erschien ab der zweiten Veranstaltung 1991der Tagungsband mit dem vollständigen Abdruck der eingereichten Vortragsskripte. Zu den jeweiligen Optiktagen wurden interdisziplinäre wissenschaftliche Spezialthemen ausgewählt und entwickelt, wie 1992 zu Optik und Umwelt sowie Optik und Medizin und 1994 zum Thema Optik und Chemie. Dieses Konzept fand auch in der einschlägigen Fachpresse gute Resonanz. In enger Kooperation fand zu den 3. Optiktagen eine fachbezogene Parallel-Konferenz (Prospekt: PDF-Datei) in Münster zu Optik und Lebenswissenschaften unter Schirmherrschaft der UNESCO statt.
Auf der CLEO-QUELS 1991 in Baltimore machten wir uns mit großen Vorbildern in der Ausstellungsbranche der Optik bekannt, auch wenn uns bewusst war, daß die Veranstaltung am Standort Adlershof immer ein kleines, aber feines Highlight für Berlin und Adlershof bleiben würde.
Die Teilnahme von osteuropäischen Firmen und Wissenschaftlern war stets ein erklärtes Anliegen. Es gab damals Fördermittel vom Berliner Senat, die allerdings bis auf den letzten Pfennig abgerechnet werden mußten. Aber viele Grüsse, Dankesschreiben, kleine Geschenke aus Polen, Ungarn, Russland, Kasachstan und Bulgarien entschädigten für die Mühe. Leider schaffte es das Ministerium offensichtlich nicht immer, rechtzeitig die VISA auszustellen.

Die Fachpresse hat die Veranstaltung mit Berichten und Vorankündigungen begleitet und unterstützt. Allen Freunden, die die Veranstaltung begleitet und unterstützt haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt, wie z. B. Prof. G. Müller vom Laser-Medizin-Zentrum der Freien Universität Berlin.
Zu den 3. Optiktagen kündigte sich der Besuch des Stadtoberhauptes in der Person von Eberhard Diepgen in Begleitung seines Staatssekretärs Dr. Hans Kremendahl an.
Am Folgetag ergriff Staatssekretär Kremendahl zur Begrüssung anläßlich des eintägigen Symposiums des Laserverbundes zu den Berliner Optiktagen noch einmal das Wort und gab seiner Hoffnung Ausdruck,
"daß die Berliner Optiktage zu einer guten und festen Einrichtung hier am Standort Adlershof werden."
Das machte die Veranstalter ein bisschen stolz und man dachte darüber nach, vielleicht einen der verwaisten alten Hangars des berühmten Flugplatzes anzumieten, zu kaufen, herzurichten und als eine etwas größere Tagungs- und Messestätte zu etablieren. Auch der Wissenschaftsjournalist U. Brinkmann gab seinerzeit in der Zeitschrift "Laser und Optoelektronik" zu Protokoll:
"Der Fortbestand der Optiktage ist gesichert, sie erhalten einen festen Platz in den Ausbauplänen von Berlin-Adlershof als Forschungszentrum. Die Übernahme der Optiktage, deren erste Veranstaltung noch in die Übergangstage der späten DDR zurückreicht, in das Ausbaukonzept ist ein Erfolg der engagierten Veranstalter, allen voran Frau Dr. Doris Kiekeben."

Die 5. Optiktage 1996 sollten vom 19.-20.3. 1996 stattfinden . Es gab bereits Vorschläge zu verschiedenen interdisziplinären Themenkomplexen, wie Optik, Gesellschaft, Umwelt (Vorschlag der DGaO, Zusammenarbeit mit Prof. Hinsch, Universität Oldenburg) sowie Optische Methoden ind der Kriminalistik, Kunst- und Altertumswissenschaft. Ausserdem sollte ein Kolloquium zu Ehren des 350. Geburtstags von Leibniz zu den Grundprinzipien der Forschung stattfinden.

Der "Abend der Zerstreuung" anlässlich der 4. Berliner Optiktage führte auch für den Arbeitskreis zur Zerstreuung, eine Diaspora der Wende, Schicksal, das viele ereilt hatte und noch ereilen würde. Eine neue Zeit war gekommen, mit der sich auch viele neue und alte Hoffnungen zerstreuen sollten...
Nach den 3. Berliner Optiktagen war der Direktor des neu gegründeten Max-Born-Institutes, Herr Prof. Witlof Brunner, ehemals Direktor des Zentralinstituts für Optik und Spektroskopie, in Ruhestand getreten.

Einer der drei neuen und konkurrierenden Direktoren des MBI (Max-Born-Instituts), Herr Dr. Thomas Elsässer, aus München zum Professor und Pionier nach Deutschland-Ost berufen, war dritter im Bunde und keineswegs der "primus inter pares". Aber es gelang ihm, wie die kleine Chronologie zeigt, durch ein abgekartetes Spiel mit der vom Senat etablierten TVA (Technologie-Vermittlungsagentur) und den vom Bund finanzierten Unternehmensapparat WISTA und seinem eigenen, vom Bund finanzierten Leibniz-Institut den Leibniz-Arbeitskreis Berlin e. V., einen kleinen gemeinnützigen Verein, eiskalt auszuboten. In einem Schreiben lässt er uns das unmissverständlich wissen.

Die Antwort auf das dreiste Ansinnen bestand aus einem einzigen, handschriftlichen Wort.

Sicherlich nicht zufällig wurde bei der Evaluierung des MBI im Jahre 1997 neben mehr Kooperation mit der Industrie gleichwertig auch theoretische Fundierung und interdisziplinäres Denken im Sinne einer Gesamtberliner Forschungsfakultät angemahnt.

Der Absicht zu Hilfe kam dem neuen "Chefmanager", daß es zu den 4. Optiktagen auch kritische Worte gegeben hat. Die Beschilderung zum neuen Veransstaltungsort (Come in ) war mangelhaft, das Gebäude hatte keinen Aufzug. Statt ausreichend Wegweiser aufzustellen, hatte die WISTA Management GmbH eine bröckelnde Fassade mit einem Monster-Poster (50 qm, 4500 €) abgedeckt.

Der Vorstand und die Mitgliederversammlung des Arbeitskreises sprachen sich einstimmig gegen das vom neuen Veranstalter TVA einseitig konzipierte kommerzielle Konzept aus, in dem der bisherige Veranstalter nur noch eine bescheidene Mittlerrolle, etwa durch die Zugriffsmöglichkeit der TVA auf die Datenbank, spielen sollte und das auf spezielle Interessen des MBI und den Umkreis von Direktor Elsässer abzielte. Der Leibniz-Arbeitskreis machte auch in der Auseinandersetzung mit dem neuen Veranstalter klar, daß die Berliner Optiktage nicht einmal an den Standort Adlershof gebunden sind, sondern überregionalen und vor allem interdisziplinären Charakter tragen. Aus den Berliner Optiktagen des Leibniz-Arbeitskreises wurde schließlich die L.O.B. Laser+Optik Berlin unter dem Beiratsvorsitz von Prof. T. Elsässer, der nunmehr als "primus inter pares" nicht mit Eigen-L.O.B. sparte.

Heute ist diese Veranstaltung nicht viel mehr als eine regionale Präsentation. Die Begeisterung aus der Zeit der Wende ist verflogen, alle Ideen werden nach Zahlen erfasst, verrechnet und gezählt. Nichts wird dem Zufall überlassen. Die meisten großen Firmen der Branche, mit denen man besonders "gerechnet" hat, gehen zu den großen Messen, wie zur "Laser" in München, zur "Optatec" nach Frankfurt oder zur CLEO in die USA.

So war auch das kleine Büro, das der Leibniz-Arbeitskreis unterhielt, den neuen Organisatoren als widerwillig geduldetes "Überbleibsel" ein Dorn im Auge. Es wurde Anfang Dezember 1997 über Nacht durch die Firma A.S.T. (Leistungselektronik GmbH) im Komplott mit dem WISTA Management Organisationsapparat ( Herr Dr. Stahlhofen) ohne ordnungsgemäße Kündigung im Handstreich ausgeräumt und das gesamte Inventar, Mobiliar, auch Personalakten, Vereinskasse, Computer bis zur letzten Büroklammer in  einer baufälligen, zum Abriß vorbereiteten Baracken der Firma AST abgestellt. WISTA-Standort-Manager Dr. Stahlhofen liess uns u. a. wissen: "...wir übernehmen keine Garantie für Vollständigkeit und für eventuelle Schäden..." und daß wir für die Kosten ihrer Mühe aufkommen sollten.
Jedenfalls danken wir an dieser Stelle auch noch einmal Herrn Rechtsanwalt Ingo Kruppa, der uns uneigennützig bei der Verfassung einer "symbolischen" Strafanzeige unterstützte.

Jahre sind vergangen, mit dem Trabbi haben wir die eigene Geschichte und manches unerreichte Ideal der alten Ordnung hinter uns gelassen. Es gibt da noch ein zugeeignetes "zeitloses" Kalenderblatt auf dem Schreibtisch der Berichterstatterin, datiert aus der Wendezeit. Die platonische Vision über die Macht und die Versuchungen der Eitelkeit...

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